Es gibt nicht „den einen Bösen“. Frag drei Marktteilnehmer und Du bekommst vier Antworten – Ergebnis: das berühmte Spiderman-Pointing-Meme. Und selbst im Video habe ich nicht alle Rollen genannt. Plattformen wie Hubject, die CPO und EMP zusammenbringen, fehlen ebenso wie die Regulierung und Unterschiede in anderen Ländern und Märkten. Prinzipiell müsste man für jedes Land eine eigene Analyse machen.
Auch die Standortkalkulation ist exemplarisch. CAPEX und OPEX variieren stark: Eine Tankstelle eines Mineralölkonzerns, ein Hofprojekt vom Landwirt oder ein Ladepark wie Seed & Greet haben völlig unterschiedliche Voraussetzungen. Netz- und Infrastrukturkosten sind zudem länderspezifisch und beeinflussen die Rechnung massiv. Von Subventionen haben wir da auch noch nicht gesprochen. Geschweige denn warum bestimmte Standort- Und Wachstumsstrategien gefahren werden.
Die Beziehung CPO–EMP habe ich ebenfalls stark vereinfacht und damit vielleicht zu tendenziös eingegriffen. Ein EMP kauft Ladevorgänge beim CPO und verkauft diese weiter. Er kauft nicht „nur“ Infrastruktur und beschafft den Strom woanders. Es ist ein Paket. Wie bei einem Großhändler können Rabatte, Bündelungen oder OEM-Interessen eine Rolle spielen. Dazu kommen Mischformen: vertikal integrierte Unternehmen, die mehrere Rollen vereinen und längst nicht nur Energieversorger sind. Der gesamte Bereich der Kooperationen zwischen CPOs und Drittunternehmen wie Handel oder Gastronomie fehlt. Letztere sind anders gelagert als die Beziehung zu EMP. Hier geht es oft um Standortqualität und Zusatzumsätze.
Am Ende bleibt für mich: In einer Branche mit hohen Fixkosten ist Auslastung entscheidend. Sichtbarkeit wird damit zum Schlüsselfaktor. Wer Sichtbarkeit steuert, kann Marktmacht aufbauen, ähnlich wie Buchungsportale. Gleichzeitig entstehen Risiken: Querfinanzierungen oder Subventionen können Marktanteile verschieben, langfristig droht ein Oligopol. Meine Vision ist ein vielfältiger, fairer Markt und ja, das ist meine Sichtweise und ja, es gibt noch viele weitere Sichtweisen.
Das Video erhebt deshalb auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eigentlich kratzt es trotz 47 Minuten nur an der Oberfläche. Denn auch wenn ich mich tief einlese - in Regulatorik, Whitepaper, Geschäftsberichte - bleibt der Blick einer Aussenperspektive. Bewusst habe ich Namen vermieden, weil es schnell zu Tatsachenbehauptungen werden kann und die Branche sehr sensibel reagiert.
Aber am Ende wäre Schweigen keine Option gewesen. Viele Kommentare und E-Mails baten um ein Video zu diesem Thema, seit langer Zeit. Ich wollte aufzeigen, wie die Mechanismen im Kern funktionieren, selbst wenn das Bild zwangsläufig unvollständig bleibt. Und ja: Man könnte für jede der angesprochenen Rollen, für jede Regulierung, für jedes Land ein eigenes Video machen.
Man kann es natürlich auch ganz anders sehen: Es gibt schon heute Lösungen für Kostensicherheit. Es gibt Apps, die den günstigsten Ladepunkt anzeigen. Es gibt Anbieter, die Zugang zu fast allen Säulen bieten. „Shut up and charge“ ist auch eine valide Sichtweise. Und trotzdem werden wir immer wieder Posts sehen von Leuten, die sich über 89 Cent/kWh beschweren und andere die für 19ct laden wollen.
Je länger ich über das Thema und meine Recherchen nachdenke, desto mehr Aspekte fehlen in meinem Video. Das heisst nicht, dass es falsch ist. Es heisst, dass die Tiefe noch viel weiter reicht.
Die Frage ist daher für mich: weitermachen und noch breiter und tiefer gehen, nicht nur beim Laden sondern den allgemeinen Themen der Elektromobilität oder nicht, weil das die schweigende Mehrheit nicht
Eine Option wäre ein zweiter Kanal, da es sich nur schwer mit "Skoda" mischen lässt vom Publikum.
Ich habe schon länger die Idee von: Kilowatt & Kaffee. Deine Ladepause für mehr als nur Strom.