Bei aller berechtigter Kritik an den Ladepreisen und Tarifstrukturen, darf man das klassische Tankstellengeschäft nicht einfach mit dem Stromverkauf an Ladesäulen vergleichen.
Der Verkauf von Mineralölprodukten ist komplett anders als der Verkauf leitungsgebundener Energie. Im Gegensatz zum Tankstellengeschäft, wo jeder Anbieter seine eigene Infrastruktur nutzt, nutzen überregional tätige Ladestromanbieter die Infrastruktur, Leitungsnetze, Trafostationen, Messtechnik, Ladesäulen usw., anderer Marktteilnehmer. Und diese anderen Marktteilnehmer möchten für ihr Invest in die Infrastruktur vergütet werden. Hinzu kommt ein hoher kaufmännischer Aufwand für die gegenseitige Verrechnung. Wenn es diese „Infrastruktur-Nutzungsgebühren“/ Roaminggebühren nicht geben würde, dann würde kein Anbieter mehr in seine Ladeinfrastruktur investieren, warum auch, um anderen Anbietern umsonst das Laden ihrer Kunden zu ermöglichen?
Der Punkt ist nur, dass es für diese Nutzungsgebühren und Verrechnungsgebühren scheinbar keinerlei Marktregeln zu geben scheint und jeder Anbieter hier machen kann was er will. Und einige Anbieter haben jetzt zusätzlich noch entdeckt, dass man die Gebühren strategisch zur Kundenbindung nutzen kann.
Das einzige was hilft ist, dass die Bundesnetzagentur sich des Themas annimmt und für klare, transparente Regeln sorgt. So wie sie es im Rahmen der Strommarktlliberalisierung (1996) auch beim Haushaltsstrom getan haben. Damals sind die Energieversorger aufgespalten worden in Betreiber der Infrastruktur/Netzbetreiber und in Energielieferanten/Vertriebe. Die Gebühren der Infrastrukturbetreiber/Netzbetreiber werden seitdem von der Bundesnetzagentur reguliert, mit klaren Vorgaben zur Preisgestaltung (Netznutzungsgebühren), die Preise der Energielieferanten/Vertriebe werden nicht reguliert und unterliegen den freien Marktregeln.
Auf das Ladegeschäft bezogen, müssten die Ladesäulen in der Hand der Netzbetreiber sein und von der Bundesnetzagentur in ihrer Preisgestaltung reguliert werden und der reine Stromverkauf an den Säulen in der Hand der Energielieferanten/Vertriebe sein, natürlich nicht reguliert.
Ich habe das Gefühl, dass momentan die Infrastruktur/Ladesäulen und der Stromverkauf an den Säulen in einer Hand sind, nämlich in der der Energielieferanten/Vertriebe. Und die diktieren den Gesamtpreis, also auch die Nutzungsgebühren für die Infrastruktur/Roamingpreise.
Ich hoffe Ihr könnt mir folgen. Zumindest das deutlich wird, dass der Verkauf von leitungsgebundener Energie, besonders in fremden Netzen, viel komplizierter ist als der Benzin- und Dieselverkauf an Tankstellen.