Hallo, da muss ich auch mal meinen Senf dazu geben: anders als die meisten anderen habe ich keine abgeschlossene Meinung dazu. Einerseits ist es bemerkenswert und löblich, dass Matthias von Skoda gehört wird und die scheinbar ernsthaft etwas verbessern möchten. Danke für das Engagement, anders wie andere die nur Meckern und/oder Ihre alternative Marke in den Himmel heben, ist solche konstruktive Kritik nur immer wieder zu honorieren.
Andererseits: Die Aussagen bis dahin errinnern mich schon stark an "Judgement Day" vom Känguru, da sitzt ein Haufen Imperiumsbürokraten und brainstormt vor sich hin weil Zitat: "der Dachstuhl brennt", und dann sagt einer, ey wir holen uns mal diesen youtuber und lassen uns nochmal erklären, was so aus Nutzersicht falsch läuft, kann ja sein unsere user-feedback-Abteilung liegt falsch und die teuren, langen "user-experience-studies" zu lesen ist doch so anstrengend. Und alle sagen "oh ja, gute Idee".
Für eine gute Idee haben das längst nicht alle gehalten, aber ihr CEO. Das reicht manchmal. Ebenso haben sich viele Experten gefreut, die als Fachkraft oder als fachliche Leiter auf Team und Abteilungsebene arbeiten. Der Rest steht zwischen den Zeilen.
Die haben unzählige Testfahrer, aber sie haben einen unbeleuchteten Slider durchgewunken, (bei VW haben sie weiterhin die Touch-Tasten alternativlos durchgewunken) und jetzt brauchen sie (entschuldige Matthias) einen kleinen Youtuber der einerseits ein ganz normaler Nutzer mit klaren Gedanken und gehobenen Softwareskills ist, um sich erklären zu lassen, dass in einem jedem Untermenü der "Zurück" Button immer da sein sollte und immer an der gleichen Stelle sein sollte? Studierte Leute müssen sich erklären lassen dass die Reaktionszeiten eines digitalen Bedienelementes keine Verschlechterung zum analogem System darstellen dürfen? Und das gilt eben auch für Nutzer die sagen "Softwaretiefe ist mir egal - hauptsache es fährt" auch die müssen mal etwas einstellen und das soll nicht ewig daueren, sodass man sich vertippt oder zu lange von der Straße schaut. Auch diese Leute wollen nicht zusätzlich ggf. 4 Wochen nach der Durchsicht schonwieder in die Werkstatt weil ein Update nervt, was eigentlich over the air kommen soll, die wollen ja einfach nur fahren.
Es geht um Filter, Tunnelblick und unsichtbare Barrieren, die sie so durchbrechen wollten, würde ich meinen.
1. Filter: Bis echtes Kundenfeedback dort ankommt, wo diese Leute sitzen, vergeht viel stille Post und viele Filter sind dazwischen. Vom Kunde an den Händler, an die Länderorganisation, an Skodas "Feedbackabteilungen", an die Fachstellen/Abteilungen, an die Personen...(es gibt auch kürzere Wege, klar). Hier ist kein Weg/Fluss "nach oben" vorgesehen. Dahin wird noch stärker gefiltert. Jeder hat eigene Interessen was er wie weitergibt.
2. Tunnelblick: Oft auch Betriebsblindheit genannt. Manches sieht man einfach nicht mehr, egal wie sehr man Profi ist. Manches hört man nicht mehr usw. Besonders wenn der Fokus anderswo liegt als auf bestimmten Themen.
3. unsichtbare Barrieren: Einer der wichtigsten Punkte. In grossen Konzernen geht es oft um Macht, Einfluss und Ressourcen. Viel öfter als um den Kunden. VW ist da ein Paradebeispiel und sie werden Skoda seit den 90ern entsprechend umgebaut haben. So entstehen Barrieren für Informationen, die selten bis nie durchstossen werden intern. Das geht nur noch extern.
Und ich füge noch meinen eigenen Punkt 4 hinzu: Skoda ist für viele Top-Manager keine Herzenssache, sondern Durchgangsstation in der Karriere. Ein Sprungbrett, auf dem Du nicht enden möchtest, sondern höher willst. Besonders für deutsche Top-Manager (Schau Dir den Vorstand an...nur Deutsche, kein Tscheche) ist Skoda nie Endstation. Also wirst Du vorsichtig, was Du genau tust, bevor Du gegen VW schiesst und dann Deine Karriere riskierst.
Mein Beispiel: Der CEO selbst...glaubt ihr wirklich der Zellmer will bei Skoda bleiben? Der kommt von Porsche Nord-Amerika. Würde mich nicht wundern, wenn er eigentlich Blume bei Porsche beerben will.
Die haben eine riesige Marketing-Abteilung mit Leuten die richtig Geld verdienen und den Kram Studiert haben und ein Kunde mit Reichweite muss denen Sagen: "wer over the air verspricht - muss auch irgendwann mal liefern oder kommunizieren warum er es nicht tut"? Wissen das die Marketing-Leutchen nicht? Die beobachten jeden Schritt von Tesla und sehen nicht, dass ein zentraler Punkt das endgültige Beherrschen der Software ist?
Doch, das wissen sie, ebenso wie sie wissen das man Tesla nicht einfach blind kopieren soll. Aber Marketing ist nicht bekannt dafür in der Pflicht zu stehen, das zu liefern was sie versprechen. Und wer weiss, wie sehr sie auch liefern wollen, was sie versprechen...und das sagt einfach jemand in WOB, Pech gehabt kommt nicht. Nie vergessen, wie sehr sie (Skoda) abhängig sind. Das kann uns zwar als Kunden egal sein (und muss es auch), aber ihnen ist das bewusst. Sie brauchen eventuell direkt Argumente von einem Kunden, die sie in WOB auf die Tische klatschen können und an denen man nicht vorbei kommt. Das ist selbst ein kleiner YouTuber ganz praktisch.
Und wie ich schon einmal schrieb. Die haben sogar sowas das sie Social Watch nennen und lesen in Gruppen, Foren, schauen Videos usw. werten das aus, leiten daraus Massnahmen usw. ab. Skoda ist aktiver als man meint, sie sprechen halt nicht drüber. Und Kommunikation mit Bestandskunden ist nicht ihre Stärke, ebensowenig wie dem Motto zu folgen "Tue gutes und sprich darüber".
Ich wette die machen Umfragen unter ihren Mitarbeitern, auch anonym, was sie von den Autos halten, schreiben die Angestellten alle ins Freitextfeld "der OK-Butten bei jedem Fahrzeugstart ist mein bestes Nutzererlebnis"? Was sagen die Auslieferer, wenn sie den Kunden jeden Tag erklären müssen, dass das Speichern von verschiedenen Fahreinstellungen nicht möglich ist man aber jedesmal diesen Button drücken muss? Macht das denen Spaß?
Klar die Testfahrer haben eine Ladekarte, aber Mitarbeiter und Kunden werden doch genügend oft gespiegelt haben, dass eine Filterung nach Ladeanbieter nur Sinn macht, wenn man sich auch halbwegs günstige Anbieter filtern kann, 60-90 Cent (200-300% vom Benchmark) sind für den privaten Vielfahrer eben ein sch...ß "Ladeerlebnis".
Bedenke, dass die grosse Mehrheit ihrer Mitarbeiter sich keinen ENYAQ leisten kann. Wenn man Mlada Boleslav besucht, sieht man was die Mitarbeiter fahren, zumindest die grosse Mehrheit. Die fahren hauptsächlich Octavia und sehr selten immer neue Fahrzeuge. Geh einfach davon aus, dass nur wenige Mitarbeitende das Auto wirklich jeden Tag fahren, vielleicht ein paar im mittleren Management (und dann siehe wieder oben die Regeln des Konzerns). Das Top-Management? Fährt sicher ab und an ENYAQ, aber sicher auch KODIAQ und der Vorstand wird ziemlich sicher eher gefahren als das sie selbst fahren.
Sie können die Probleme des Alltags eines ENYAQ-Fahrers kaum kennen und erleben sie auch so gut wie nie.
Ausserdem gibt es hier noch den Punkt, dass Top-Manager (auch wenn sie selbst Probleme haben mit einem Auto) auf keinen Fall Micro-Management betreiben sollten und ihren Experten sagen was sie tun sollen...wobei das garantiert auch passiert.
Ich vertraue vorab, dass der Vortrag die wesentlichen Punkte in der richtigen Flughöhe, aber eben auch mit Blick auf den Alltagserlebnis refklektiert, aber habe inzwischen auch wenig Hoffnung, dass man das Ruder schnell genug rum reißen kann oder will.
Das ist eine grosse Erwartung und ob ich dieser gerecht geworden bin weiss ich nicht. Ich habe es versucht, ihr werdet es diese Woche sehen und könnt selbst urteilen. Das bisherige Feedback von "Skoda" ist sehr positiv gewesen und viele waren überrascht was sie geboten bekommen haben. Schnell wird nichts gehen. Ich werde es im Video auch sagen in meiner Einordnung nach der Präsentation (die ich leider nur simuliert im HomeOffice aufführen kann, wo ihre Wirkung etwas zu kurz kommt aufgrund der fehlenden Bühne und des Platzes und der Technik): Ich bin nicht mehr als eine kleine Welle, die gegen den Schlepper (Skoda) brandet, der gegen den grossen Tanker (VW) drückt.
Chancen muss man nutzen, sind sie noch so klein. Das bin ich der Community schuldig, aber auch mir selbst. Und am Ende geht es, und sei das noch so klein was dort passiert ist, um den Fortbestand der europäischen Autobranche. Nur wenn sie es verstehen endlich kundenzentriert zu sein, und die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe(n) besser zu adressieren als amerikanische und/oder chinesische Autobauer, haben sie eine Zukunft. Denn nur dann sind wir bereit mehr zu zahlen, weil es für uns eine bessere Wahl ist. Werden sie (EU-Autoindustrie) auf den Preislevel reduziert, ist der Ofen aus. Und dafür hängen viel zu viele Jobs und damit Familien an dieser Industrie.