Ich sehe das vollkommen unideologisch.
Es gibt Bereiche, in denen das E-Auto unbestreitbare Vorteile bringt. Das ist der Stadtverkehr, wie auch der Kurz- und Mittelstreckenverkehr. Da dies mein Alltagsfahrprofil ist, fahre ich momenten einen Plug in fast ausschließlich elektrisch und habe ich mir den Enyaq bestellt, der eigentlich im Mai hätte kommen sollen. Um hier nicht unnötig fossile Brennstoffe zu verfeuern, habe ich ab 1.6. ein 6-monatiges Abo für einen ID3 abgeschlossen, um die Verzögerung zu überbrücken. Weil ich, da wo es paßt elektrisch fahren will. Auch wenn es zusätzlich Geld kostet (die Verbrenner-Ersatzmobilität von Skoda ab 30.5. wäre für lau gewesen)
Wer ein solches Fahrprofil hat und vielleicht noch ein- bis zweimal im Jahr mit dem Auto in Urlaub fährt, kommt mit einem E-Fahrzeug gut zurecht.
Aber es ist eben nicht jedes Fahrprofil gleich. Bei mir stehen auch regelmäßige geschäftliche Langstrecken (ca. 600 km einfache Strecke) an. Da wird es dann schon schwieriger, weil Zeit ja Geld ist. Klar, die 2 Pausen, die ich pro Strecke mache, würden für das Laden reichen, aber eben nur, wenn ich mit 100 - 120 über die Autobahn schleiche.
Da hat man die Wahl zwischen Pest und Cholera. Fährt man so schnell wie man es gewohnt ist, muss man länger laden, als man sonst Pause machen würde, verliert also Zeit. Will man nicht länger laden, als man sonst Pause macht, muß man langsamer fahren als gewohnt, wobei man auch Zeit verliert. Ich bin jetzt nicht der Raser, der mit 200 über die AB brettern muß. Aber für mich haben sich 150 - 160 (wenn man mal wo vorbei will, kurzzeitig auch schneller) als eine angenehme Reisegeschwindigkeit herausgestellt, bei der man einerseits gut vom Fleck kommt und andererseits noch einigermaßen effizient unterwegs ist.
Daher ist für mich momentan für diese Langstrecken der Diesel alternativlos und bei einem Langzeitverbrauch von 6,6 Ltr. bei den Energiekosten auch nicht wesentlich teurer. Schnellladen auf der AB ist ja auch nicht günstig, da landet man mit gut 20 kWh Verbrauch auch schnell über 10 € auf 100 km.
Hier muß sich noch was tun. Nio kommt ja mit der Feststoffbatterie mit mehr Reichweite (man hört bis zu 1.000 km WLTP), noch schnellerer Ladung und ggf. Wechsel-Akku. Das sind die Dinge, die es noch braucht. Ich hoffe da auf eine elektrische Alternative ohne Nachteile, wenn ich in 2 - 3 Jahren den Diesel ersetzen werde.
Wenn die E-Mobilität auf Dauer eine Erfolgsgeschichte sein soll, muß sie möglichst viele Menschen mitnehmen, da bin ich vollkomen bei Mr. Juice-Booster. Gerade im städtischen Bereich sehe ich es als unrealistisch an, dass bei jedem Mehrfamilienhaus Lademöglichkeiten in entsprechender Anzahl geschaffen werden können. Da müssen wohl Schnellladeparks im städtischen Bereich geschaffen werden. Vielleicht auch mit einem kleinen Shop, wie bei den Tankstellen, wo man auch mal einen Kaffee trinken kann oder so.
Hier muß und wird sich noch viel tun. Aber ich sehe es als kontraproduktiv an, wenn E-Fahrer teilweise berechtigte Kritik so runterputzen. Denn Entwicklungen stößt man durch Kritik an. Wenn nun alle E-Fahrer schreiben, dass momentan sowieso Alles schon so toll ist, ist das kontraproduktiv, weil die Politik dann den Eindruck gewinnt, "paßt ja, da brauchen wir uns nicht mehr groß anstrengen".
Ja, es ist teilweise schwierig Andere zu überzeugen. Ich hatte gestern mit einer meiner Töchter telefoniert, die weiter entfernt wohnt. Die denkt darüber nach ihren Golf Diesel zu ersetzen. Einfacher Arbeitsweg 15 km, Langstrecken werden mit dem Dienstwagen ihres Freundes gefahren. Eigentlich optimal für ein E-Fahrzeug. Aber mit dem Gedanken kann sie sich nun gar nicht anfreunden. In ein paar Wochen sehen wir uns wieder, dann lasse ich sie mal meinen aktuellen Plug in fahren, in der Hoffnung, sie wenigstens davon überzeugen zu können. Dann könnte sie zumindest den Arbeitsweg elektrisch zurücklegen.